16. Mai 2025
Die Wärmewende ist in vollem Gange, doch viele Hausbesitzer zögern mit dem Heizungstausch – aus Angst, sich für eine Technik zu entscheiden, die bald nicht mehr zulässig sein könnte. Die Kommunale Wärmeplanung (KWP) soll Klarheit schaffen, doch wie viel Orientierung bietet sie wirklich? Und wie realistisch ist ein flächendeckender Ausbau von Wärmenetzen?
Was ist das Ziel der Kommunalen Wärmeplanung (KWP)?
Jürgen Bähr: Die KWP wurde im Januar 2024 als strategisches Planungsinstrument gestartet. Es soll kommunalpolitischen Entscheidern, Bürgern und der Wirtschaft Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, wie die Wärmeversorgung künftig klimaneutral organisiert werden kann. Die Lösungsempfehlungen für die einzelnen Gebiete müssen in einem KWP-Ergebnisbericht detailliert dargestellt werden. Erst nach Verabschiedung durch den Gemeinde- oder Stadtrat können dann erste konkrete Umsetzungsschritte wie z. B. Wärmenetzplanungen, Ausschreibungen, Finanzierungspläne etc. begonnen werden.
Viele Gebäudeeigentümer zögern mit dem Heizungstausch, weil sie auf die Kommunale Wärmeplanung warten. Ist diese Zurückhaltung aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
J. Bähr: Nein, aus mehreren Gründen: Bis die KWP beendet ist und erste Maßnahmenplanungen und deren konkrete Umsetzung starten, gehen in der Regel ein bis zwei Jahre Minimum ins Land. Außerdem ist bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse nicht klar, ob es z. B. den Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen gibt. Zudem hat das Fachhandwerk die klimafreundlichen Heizungs- und Ofenlösungen z. B. mit Pellets bereits jetzt im Angebot, die nach der Installation direkt auf den Klimaschutz und womöglich geringere Energiekosten einzahlen.
Wie realistisch ist es, dass in den kommenden Jahren flächendeckend Wärmenetze entstehen? Welche Hindernisse sehen Sie bei der Umsetzung?
J. Bähr: Gute Frage – flächendeckend wird wohl schwierig. Man muss allein schon wegen der Aufwendungen und aus Kostensicht zwischen Kommunen differenzieren, in denen schon Wärmenetze betrieben werden, und Kommunen, in denen sie erst noch geplant und gebaut werden müssten, was vergleichsweise teurer sein dürfte. Außerdem spielen die Einwohnerzahlen, Wärmebedarf und Wärmedichte eine große Rolle. Da sieht es für Metropolen bzw. größere Städte mit kompakter Bebauung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von Wärmenetzen anders aus als für kleine bis mittelgroße Städte in eher ländlicheren Bereichen. In zuletzt genannten ist man dann auch vorsichtiger mit Beschlüssen und Investitionen, die sich letztlich auf die Bürger belastend auswirken würden.
Erste KWP-Ergebnisse aus Baden-Württemberg zeigen zwar, dass die Planer bevorzugt auf Wärmenetze als Transformationsmaßnahme setzen. Andererseits kommt der Ausbau der Fernwärme bislang nur schleppend voran. Ein wesentlicher Hinderungsgrund ist der enorme Investitionsbedarf, der insbesondere die kleinen bis mittelgroßen Kommunen schwer trifft.
GEG-konforme Heizungstechniken können während der KWP installiert werden.
Jürgen Bähr
Für welche Gebäudetypen und Regionen ist ein Anschluss an ein Wärmenetz überhaupt sinnvoll?
J. Bähr: Als Allianz Freie Wärme raten wir den Hausbesitzern vor einer Entscheidung zur optimalen Heizungstechnik das Fachhandwerk oder einen Energieberater hinzuzuziehen. Denn grundsätzlich ist ein Wärmenetz nur dann wirtschaftlich und für die Verbraucher längerfristig bezahlbar, wenn in einem kompakt bebauten Wohngebiet eine hohe Wärmeabnahmedichte existiert. Außerdem sollte man sich die Vertragsmodalitäten, was bspw. die Vertragslaufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und Preistransparenz betrifft, genau anschauen. Ein System- und Kostenvergleich lohnt sich immer.
Oft wird von einem möglichen Anschlusszwang gesprochen. Besteht die Gefahr, dass neu installierte Heizungen in wenigen Jahren stillgelegt werden müssen?
J. Bähr: Nein. Aktuell gehen wir davon aus, dass eine nach Gebäudeenergiegesetz konform erfolgte Heizungsmodernisierung, beispielsweise mit einer Pelletzentralheizung (§ 71g GEG), grundsätzlich dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht. Schließlich können ja auch je nach Situation staatliche Fördermittel genutzt werden. Und sollte es dann nach der KWP ggf. eine Satzung geben, die eine nach § 71 Abs. 3 GEG gleichgestellte Heizungsanlage vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht freistellt, spricht vieles dafür, dass eine solche Satzung möglicherweise von vornherein unwirksam ist.
Was sollten Heizungsbauer über den aktuellen Stand der Wärmeplanung wissen, um ihre Kunden optimal beraten zu können?
J. Bähr: Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass die Kommunale Wärmeplanung nur ein strategisches Planungsinstrument ist, dessen Ergebnisse rechtlich unverbindlich sind. Das heißt, GEG-konforme Heizungstechniken können währenddessen installiert werden. Es ist die Aufgabe der Kommunen, zum Stand der Dinge kontinuierlich zu informieren. Daher sollten das Handwerk und die Innungen im Einklang mit dem Wärmeplanungsgesetz den Kommunen dringend empfehlen, schon früh in der KWP zu entscheiden, welche Gebiete sich für Wärmenetze eignen und welche nicht, um dies wiederum früh der Bevölkerung mitzuteilen. So kann der KWP-Aufwand auf Verwaltungsseite optimiert werden und die klimaneutrale Transformation mit dezentraler Heizungstechnik geht ohne unnötige Verzögerungen voran.
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