19. Juni 2025
Das Zertifizierungssystem ENplus wurde 2010 vom Deutschen Pelletinstitut (DEPI) gemeinsam mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum Leipzig (DBFZ) und unter Einbeziehung von proPellets Austria für Holzpellets entwickelt. Sie als Vorstandsmitglied im Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) und damals technischer Berater des DEPI waren maßgeblich daran beteiligt.
pelletmagazin: Aus welchem Anlass wurde die ENplus-Zertifizierung ins Leben gerufen?
Hans Martin Behr: Es kamen mehrere Dinge zusammen: Das bestehende Zertifizierungssystem DINplus kümmerte sich nicht ausreichend um offensichtliche Qualitätsmängel von Pellets. Als ich beim Europäischen Komitee für Normung mitarbeiten durfte, kam daher die Idee auf, auf Basis der Norm EN 14961-2 eine neue Zertifizierung mit strengeren Anforderungen aufzubauen und die ersten beiden Buchstaben mit dem Wort „plus“ zu kombinieren. Zudem sollte ENplus als europäisches Projekt den Handel von Holzpellets über Ländergrenzen hinweg ermöglichen.
pelletmagazin: Welche Qualitätsmängel von Pellets sollten durch die Zertifizierung behoben werden?
H. M. Behr: Der alte Feind von Heizsystemen und Fördertechnik ist Feinanteil, also sich absetzender Staub aus Pellets. Dieser sollte minimiert werden. Daneben waren immer wieder Pelletchargen auf dem Markt, die zur Versinterung, also starker Aschebildung und -ablagerung, neigten. Deshalb haben wir bei ENplus einen harten Grenzwert für die Ascheerweichungstemperatur festgesetzt, über den DIN-Grenzwert hinaus.
pelletmagazin: Welche konkreten Vorteile haben Verbraucher durch die ENplus-Zertifizierung?
H. M. Behr: Im Gegensatz zu DINplus wurde der Fokus bei ENplus von Anfang an nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf den Handel und die Lieferung von Pellets gesetzt. Denn was bringt es dem Kunden, wenn hochwertige Pellets durch Fehler bei der Lieferung zerfallen und Feinanteil entsteht? Geschulte Fahrer, die wissen, wie man Pellets schonend ins Lager einbläst, sind daher genauso wichtig wie eine optimale Produktion! Bei ENplus gibt es aus diesem Grund zusätzlich die Anforderung von maximal 4 Prozent Feinanteil bei der Lieferung im fachgerecht gebauten Kundenlager. ENplus macht außerdem transparent, woher die Pellets kommen.
pelletmagazin: Wie hat sich ENplus auf den internationalen Handel mit Pellets ausgewirkt?
H. M. Behr: Inzwischen werden ENplus-Pellets weltweit produziert. Es wird aber nur von europäischen Kunden gefordert. Wer hier Pellets verkaufen möchte, kommt um ENplus nicht herum.
pelletmagazin: Gibt es messbare Effekte?
H. M. Behr: Die Reklamationen sind zurückgegangen. Ob das am Erwachsenwerden der Branche liegt oder an ENplus, ist schwer messbar. Ein Problem, das uns weiterhin beschäftigt: Feinanteil setzt sich im Lager des Kunden ab und es werden neue Pellets „draufgetankt“. Es ist daher weiterhin wichtig, dass Kesselhersteller und Heizungsbauer ihre Kunden darauf hinweisen, zertifizierte Pellets von qualifizierten Händlern zu kaufen. Ebenfalls wichtig ist, das Lager regelmäßig komplett zu entleeren, um Feinanteil zu minimieren.
pelletmagazin: ENplus ist heute weltweit vertreten. Gibt es regionale Unterschiede in der Umsetzung?
H. M. Behr: Die DACH-Region unterscheidet sich erheblich vom Rest Europas. Bei uns wird zum Großteil mit losen Pellets geheizt. Damit sind unsere Ansprüche an Pellets und Lieferanforderungen andere als in Regionen, in denen Sackware dominiert, wie z. B. in Italien. Und noch etwas ist auffällig: Der Anspruch der Pelletierer in der DACH-Region ist, ein möglichst gutes Produkt herzustellen und besser zu sein, als ENplus vorgibt. Das ist nicht überall so.
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